
Artikel ist zuerst in KERNPUNKTE NO. 1/2025 erschienen. Bis zu seiner Verhaftung verbreitete und förderte WikiLeaks-Gründer, Julian Assange Suzie Dawson’s Arbeit.
Niemals in unseren kühnsten Träumen hätten wir uns vorstellen können, dass uns das widerfahren würde, was uns widerfuhr.
Ich bin Journalistin und Aktivistin aus Auckland, Neuseeland und eine von 88 Neuseeländern, die von unseren inländischen und internationalen Geheimdiensten ins Visier genommen und der NSA zur weiteren Überwachung übermittelt wurden. Im Jahr 2011 wusste ich kaum, was ein Aktivist überhaupt ist, aber als die Occupy-Bewegung begann, konnte ich nicht anders, als mich ihr anzuschliessen. Ich sah, dass Menschen auf der ganzen Welt einen Weg fanden, für sich und ihre Mitmenschen aufzustehen, und musste mich ihnen anschliessen. Mein Verständnis von Aktivismus in Neuseeland basierte damals auf dem, was uns von Menschenrechtsanwälten anlässlich des allerersten Occupy-Marsches vom 15. Oktober 2011 gesagt wurde. Wir glaubten – wir waren unser Leben lang durch Propaganda dazu gebracht worden, zu glauben – dass Neuseeland das sicherste und friedlichste Land der Welt sei. Niemals in unseren kühnsten Träumen hätten wir uns vorstellen können, dass uns das widerfahren würde, was uns widerfuhr. Wir mussten am eigenen Leib erfahren, dass alles, was ich Ihnen gerade über Neuseeland gesagt habe, nicht stimmt. Unser gesamtes Medienteam und später ein immer grösser werdender Teil der Gesellschaft wurde zur Zielscheibe aggressivster Angriffe durch inländische und internationale Geheimdienste.1
Aus Gründen der persönlichen Sicherheit blieben ich und viele Mitglieder meines Medienteams anfangs nach aussen hin anonym. Unsere Kollegen, unsere Occupy-Abteilung und alle Mitglieder des Medienteams wussten, wer wir sind. Was wir aber nicht ahnten, ist, dass auch die Polizei und die Geheimdienste sehr wohl wussten, wer wir sind. Wir agierten also zu Beginn bei unseren Online-Aktivitäten jeweils unter Pseudonym. Das diente uns bis zu einem gewissen Grad für die Anfangszeit, aber je massiver die Angriffe auf uns wurden, desto gefährlicher wurde es, der Öffentlichkeit gegenüber anonym zu bleiben. Und somit entschloss ich mich schliesslich Ende 2014, an die Öffentlichkeit zu treten und sie wissen zu lassen, wer ich bin und was mir widerfährt.2
Warum ich zur Zielperson wurde
Die erste Frage, mit der man konfrontiert wird, wenn man sagt, dass man unter Beobachtung der Geheimdienste steht, ist:
Warum? Warum du? Warum sollten sie sich für dich interessieren?
Auf die Frage, warum ich zur Zielperson wurde, kann ich leider keine simple Antwort geben, denn ich habe nicht nur eine Sache getan. Es gibt viele Gründe, «warum». Es gibt Occupy. Ausserdem habe ich im Rahmen meiner journalistischen Tätigkeit ausgiebig über das FBI, die CIA und ähnliche Organisationen insbesondere die Geheimdienstallianz Five Eyes aufgeklärt und ich war eine frühe Unterstützerin von Edward Snowden – ein weiterer Grund, warum ich ins Visier kam. Im Jahr 2014 organisierten wir eine Veranstaltung in Neuseeland mit Glenn Greenwald, Kim.com, Edward Snowden und Julian Assange, die wir Moment of Truth (#MOT) nannten – ein weiterer Grund, warum ich in den Fokus kam. Im Vorfeld dieser Veranstaltung wurde ich brutal überwacht. Nicht nur standen ich und meine Mitarbeiter unter Beobachtung, sondern sie übermittelten auch noch Informationen über uns – ihre eigenen Bürger – an eine fremde Staatsmacht! Das nennt man normalerweise «Verrat». Dann war ich noch gemeinsam mit meinem Medienteam massgeblich an der Gründung des #TPPANoWay beteiligt – die neuseeländische Bewegung gegen das Handelsabkommen TPP (Transpazifische Partnerschaft) – und auch aktiv in der Bewegung gegen den Krieg in Palästina. Dies sind nur einige der Gründe, warum ich ins Visier der Geheimdienste kam; die Liste könnte fortgesetzt werden.3
Das Attentat auf mein Leben
Aufgrund der Belästigung und Verfolgung, die mir widerfuhr, musste ich letztendlich mein Zuhause und mein Land verlassen, nachdem ich 2014 zum Gegenstand von Anschlägen auf mein Leben wurde. Anfangs wurde ich überwacht, später gab es Vereinnahmungsbemühungen und schliesslich Mordversuche. Im Januar 2015 verlegte ich meinen Wohnsitz nach Berlin. [Anmerkung der Redaktion: In Deutschland setzten sich die Angriffe fort, heute lebt Suzie Dawson in Russland].4
WikiLeaks – der Elefant im Raum. Unser Informationswächter
Der Elefant im Raum, den ich in meiner langen Liste von Gründen, warum ich zur Zielperson wurde, noch nicht genannt habe, ist WikiLeaks. Noch bevor ich in der Occupy-Bewegung aktiv wurde und bevor ich überhaupt in Aktivismus involviert war, unterstützte ich WikiLeaks im ideologischen Sinne. Ich teilte ihre Arbeit, ich erzählte den Leuten, wie grossartig ich sie fand. Alle Unterstützer von WikiLeaks werden in irgendeiner Art und Weise überwacht oder stehen unter Beobachtung, diejenigen, die sich aktiv für die Organisation einsetzen, natürlich im höheren Masse als nur passive Zuschauer. Ich möchte aber an dieser Stelle betonen: Fassen Sie das nicht als einen Grund, auf, die WikiLeaks-Webseite nicht zu besuchen, denn man wird ohnehin auf die eine oder andere Weise überwacht, egal ob man ihre Webseite besucht oder nicht.
WikiLeaks ist eine unglaublich wertvolle Ressource, sie ist eine historische Ressource, sie ist unser Informationswächter, und wir müssen für sie einstehen!5
Die Spionage-Netzwerke. Wer sind sie?
Die nächste Frage, mit der man konfrontiert wird, ist:
Wer?
Wer genau ist es, der einen überwacht? I. Da gibt es zum einen die staatlichen und II. zum anderen die privaten Agenturen.

I. Die staatlichen – die «Threat Assessment Unit» und die «Special Investigation Group»
Es gibt die lokale Gemeindepolizei und innerhalb der Polizei gibt es die Abteilung für Bedrohungsanalyse (Threat Assessment Unit) und die Special Investigation Group (SIG) – Sonderteams, die eingeschaltet werden und die eigentlich auf Gewalttäter abzielen sollten, also auf Personen, die ein echtes, nachweisbares Risiko für die Gesellschaft darstellen, nicht auf Menschen, wie Sie und ich, die sich als Aktivisten engagieren. Aber das ist bedauerlicherweise genau, was sie tun.
I.II Die Sicherheitsnachrichtendienste und die GCSB
Dann haben wir die Spionage-Agenturen, in diesem Fall die Sicherheitsnachrichtendienste (Security Intelligence Services (SIS) – das ist so etwas wie das neuseeländische FBI). Und wir haben das GCSB, das Government Communications Security Bureau. Ihre Aufgabe wäre es eigentlich, ausländische Diplomaten zu beobachten, nicht Leute wie meine Kinder und mich während wir zu einer Schulveranstaltung gehen.6
I.III Als eine amerikanische Terrorismusbehörde mir auf Twitter folgte
Dann gibt es noch die «Amerikaner», nicht wahr! Das erste Mal, als mir wirklich bewusst wurde, dass ich mich möglicherweise in ernsthaften Schwierigkeiten befände, war, als eine Organisation namens NCTC (National Counterterrorism Center) meinem Twitter-Kanal von ihrem offiziellen Account aus folgte. Sie sind eine Terrorismusbehörde mit Sitz in Amerika, und sie folgen mir auf Twitter (heute X)! Ich habe sie geblockt – denn was tut man, wenn eine Terrorismusbehörde einem auf Twitter folgt? Da gibt es nicht viel, was man tun kann. Also habe ich sie aus Abscheu einfach geblockt. Nicht dass mir das etwas nützen würde in Bezug auf ihren Zugriff auf meine Informationen, aber – so beschloss ich – wenn sie schon so dreist sind, mich vor aller Augen einschüchtern zu wollen, indem sie mir von ihrem offiziellen Account aus folgen, blockiere ich sie eben.7
I.IV Das «Ministerium für innere Sicherheit»
Es gibt das gute alte Department of Homeland Security (Ministerium für innere Sicherheit), das in der Lage ist, die gesamte Regierung gegen Sie aufzubringen, wenn sie entscheiden, dass Sie auf ihrer Zielliste stehen.8
II. Die privaten Agenturen. – «Cubic Defense», «Palantir»
Dann gibt es noch die privaten Agenturen.
II.I Die Privatermittler – GPS-Tracker und intime Beziehungen
Auf der untersten Ebene haben wir die Privatermittler. In Neuseeland gibt es zum Beispiel Thompson & Clark Investigations Ltd. Das ist ein notorisches Unternehmen, das alles Mögliche tut, wie zum Beispiel Autos von Aktivisten mit GPS-Trackern auszustatten und sogar in Neuseeland dabei ertappt wurde, als Teil seiner beruflichen Tätigkeit gezielt intime Langzeit-Beziehungen mit Aktivisten einzugehen, was so ungefähr das Widerlichste ist, das man sich nur vorstellen kann. Weiter gibt es SSI Pacific. Es gibt Cubic Defense, das sich mit der Verfolgung von Vermögenswerten befasst. Und es gibt Palantir, auch bekannt als «Palantir der Pädophilen». Palantir ist in Finanzsystemen und Banken involviert. Sie sind an der Entwicklung von Prognosesoftware beteiligt, aber auch an der Überwachung von Finanztransaktionen. Sie sind an der sogenannten Geldwäschegesetzgebung beteiligt, die weltweit eingeführt worden ist und leider auch gegen Aktivisten und Journalisten eingesetzt wird, die auf der Zielliste stehen.9
Glückwunsch, Sie sind Zielperson!
Die dritte Frage ist:
Wer wird Gegenstand der Überwachung?
In den guten alten Zeiten ging es um Extremisten, heute jedoch um sogenannte «Extremisten»: Wenn Sie wollen, dass die Welt ein besserer Ort wird und bereit sind, dafür aktiv zu werden – Glückwunsch, Sie sind «Extremist»! Wenn Sie meinen, dass Konzerne nicht alle Märkte und Ressourcen auf dem Planeten beherrschen dürfen – Glückwunsch, Sie sind «Extremist»! Wenn Sie denken, dass Regierungen nicht Zivilisten und unzählige Länder zwecks finanzieller Verdienste bombardieren sollen – herzlichen Glückwunsch, Sie sind «Extremist» und höchstwahrscheinlich auf der Zielliste, sofern Sie Bestrebungen anstellen, in dieser Hinsicht aktiv zu werden.10
Die Methoden der Geheimdienste: von der Überwachung bis zum Mord
Als nächstes stellt sich die Frage, «was?». Was genau tun sie uns an, wenn wir zur Zielperson geworden sind? 1. Zuerst überwachen sie uns. 2. Die Überwachung führt zu Belästigung – staatlich betriebene, staatlich finanzierte Belästigung. 3. Das wiederum führt zur Isolation des Opfers aufgrund der dauernd stattfindenden Belästigung. 4. Dazu kommt die Sabotage – Sabotage von unserem persönlichen Besitz und unserem Leben, von Bereichen unseres Lebens, unserer Beziehungen und unserer Karrieren. 5. Ferner gibt es die «Versuchung», denn wenn wir nichts Illegales tun, ist das ein grosses Problem für sie; sie wollen, dass wir Illegales tun, damit sie ihre Handlungen gegen uns rechtfertigen können und wenn wir das nicht tun, dann erfinden sie illegale Dinge, die wir tun könnten und versuchen, uns in diese zu verwickeln, um uns auf diesem Wege zu institutionalisieren. 6. Und wenn dann am Ende nichts von all dem eben Gesagten gefruchtet hat, dann gibt es noch die Ermordung. Schauen wir uns also nun alle 6 Punkte genauer an.11
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Inhalt weiter unten:
Überwachung
Physische Überwachung: Manipulation des Stromzählers, Ratten und Schatten
Elektronische Überwachung: Kompromittierung Ihrer Geräte und Ihre Webdienste
Private Überwachung – die Glasmaske
Öffentliche Überwachung. Von Mülltrennung über ÖV bis «TrapWire»
Belästigung
Einbrüche – die offensichtlichen und die verdeckten
Die Privatermittler. Seltsame Detektive und versteckte Filmaufnahmen
Gang-Stalking
Die Paparazzi
«Flying Monkeys», Pädophilie und Drogenhandel
Einmischung im Privatleben. Familiengründung mit Undercover-Agenten
Berufssabotage und Gerüchteküche
Digitale Belästigung. Intime Kenntnisse über Ihr Leben durch Spionage
Elektronische Belästigung. Gebrauch von Schallkanonen in Wohnsiedlungen
Isolation
Kommunikationssabotage
Gaslighting. Fremde Socken und eine aufgeschlagene Zeitung
Verleumdung. Die Neo-Nazi-Keule
Sabotage
Vandalismus. Zerstörung Ihrer Immobilie und Ihrer Gegenstände
Entpotentialisierung. Die Matrix
Die Versuchung
Die Gesprächsfalle, die digitale Falle, das Überreden zu illegalen Handlungen
Social Engineering. Honeypots und das «JTRIG-Program»
Institutionalisierung. Ihr Ego und das Maßschneidern Ihres Verhaltens
Rufmord durch Gefängnis und Psychiatrie. Zwangsmedizinierung
Mordanschlag
Die Autojagd, Blendwaffen und das brennende Auto
Tod durch Medikamente «Wenn du dich mit uns anlegst, bringen wir dich um»
Was die Geheimdienste mit all dem bezwecken
Was Sie dagegen tun: Gemeinschaft, Dokumentation und Öffentlichkeit
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